Mehr als 27 Millionen Menschen in Deutschland, ein Drittel der Be-völkerung, gehören keiner religiösen Weltanschauungsgemein-schaft an. Die große Mehrheit dieser BürgerInnen ist nicht religiös. In Großstädten – in den alten wie in den neuen Bundesländern – ist ihr Anteil an der Bevölkerung oft erheblich höher. Doch wer nicht Mitglied in einer Kirche oder anderen traditionellen Glaubensge-meinschaft ist, hat oftmals die schlechteren Karten: auf dem Ar-beitsmarkt, im Bildungssystem, in der Politik, in den Medien und in der öffentlichen Wahrnehmung.
Durch das Grundgesetz ist die Bundesrepublik zwar als welt-anschaulich neutraler Staat konstituiert. In der gesellschaftlichen und politischen Realität sind jedoch bis heute vor allem die christ-lichen Religionen und die traditionellen Kirchen stark privilegiert. Verfassungstext und Wirklichkeit klaffen weit auseinander.
Diese Situation hat sich in den letzten Jahrzehnten durch die Ein-beziehung und Beteiligung weiterer religiöser Weltanschauungen, vor allem aus dem islamischen Kontext, geringfügig gewandelt. Grundlegende Veränderungen hat es nicht gegeben.
Doch ist es legitim, hierbei von einer Diskriminierung der nicht-religiösen Menschen zu sprechen?2 Wir meinen: ja. Denn wir beob-achten staatlicherseits eine fortwährende Ungleichbehandlung, die auf weltanschauliche bzw. konfessionelle Zugehörigkeiten oder Zuordnungen abstellt und regelmäßig zu einer Schlechterstellung der BürgerInnen führt, die keinem religiösen Glauben folgen.
Wir orientieren uns dabei an diesen fünf Leitideen der Demokratie und des Rechts:
Die Benachteiligung nichtreligiöser Menschen in Deutschland fin-det jedoch auf mehreren Ebenen statt, und sie weist unterschiedli-che Intensitäten auf. Vieles ist handfest und betrifft mit den verfas-sungsmäßigen Grundrechten höchste Rechtsgüter, anderes ist eher marginal. Dabei sind die vielen Sonderrechte der Kirchen und Reli-gionsgemeinschaften und die mangelnde Gleichstellung der Nicht-religiösen zwei Seiten derselben Medaille. Die Privilegierung der ei-nen bedeutet immer auch die Diskriminierung der anderen.
Im Wesentlichen sind hierbei fünf Kategorien zu unterscheiden:
VertreterInnen der Kirchen als privilegierte ProtagonistInnen in der Weltanschauungs- bzw. Religionspolitik versuchen gern, diese Miss-stände herunterzuspielen. So behauptete der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, wiederholt, dass inzwischen niemand mehr mit sozialen Sanktionen rechnen müsse, wenn sie oder er aus einer Kirche austritt.
Dieser Bericht wird aber im Folgenden unter anderem zeigen, dass dies bis heute sehr wohl der Fall ist – ganz gleich, ob jemand aus ei-ner der Kirchen ausgetreten oder gar nicht erst Mitglied einer (kirchlich organisierten) Religionsgemeinschaft geworden ist.
Zweifelfrei kann ein wie auch immer gearteter Zwang, einer Welt-anschauung, ob nichtreligiös, religiös oder kirchlich, anzugehören, nicht mit einem freiheitlichen Rechtsstaat vereinbar sein.
Quelle: https://www.glaeserne-waende.de/